Faschismus als Geschichtsphilosophie?
Moritz Pitscheider22.7.25 15:30
Spätestens seit Antritt der Regierung Meloni ist das Fortleben des Faschismus wieder Thema in Wissenschaft und Feuilleton. Zwischen „Ur-Faschismus“ (Umberto Eco), „Postfaschismus“ und Populismus wird häufig kaum mehr unterschieden, was eine grundlegende Begriffsbestimmung notwendig erscheinen lässt. Insbesondere wenn Faschismus nicht allein mit einer Partei oder einem Regime identifiziert, sondern auch als Ideologie begriffen wurde, erfolgte der Versuch, den Begriff mithilfe eines „faschistischen Minimums“ (Ernst Nolte) zu definieren. Folgt man dem Zeithistoriker Roger Griffin, lässt sich ein „mythischer Kern der faschistischen Ideologie“ ausmachen: „palingenetischer Ultranationalismus“ – die Vorstellung von nationaler Wiedergeburt. Ist der Faschismus somit zuvorderst als Geschichtsauffassung zu verstehen, die auf dem Glauben an spirituelle Erneuerung in reaktionärer Absicht gründet? Der Vortrag soll mit einem Fokus auf das faschistische Geschichtsdenken die analytische Tragweite des Faschismusbegriffs diskutieren.
Moritz Pitscheider hat Politikwissenschaft und Geschichte an der Freien Universität Berlin, der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und der Boğaziçi Üniversitesi in Istanbul studiert. Er promoviert zur Ideologiegeschichte des italienischen Faschismus.