Kantine »Festival«

Verordnet aber wirkungslos? Zum antifaschistischen Selbstverständnis und seiner gesellschaftlichen Bedeutung in der DDR


Christoph Classen

25.7.24 11:00

In den ersten Jahren nach dem Zusammenbruch der DDR hat ihr Selbstverständnis als »Antifaschistischer Staat« in den Debatten um ihren Charakter und ihre Legitimität eine Schlüsselrolle gespielt. Dabei galt der Antifaschismus ihren Verteidigern als vorbildliche, erhaltenswerte Tradition, während die Gegenseite ihn mit Adjektiven wie »instrumentell«, »verordnet« oder gar »illegitim« zu dekonstruieren suchte. Der Inhalt des schillernden Terminus »Antifaschismus« blieb dabei allerdings meist mehr oder minder unbestimmt. Demgegenüber möchte der Vortrag zeigen, welche historischen Wurzeln das antifaschistische Selbstverständnis in der DDR hatte. Neben der Erfahrung des kommunistischen Widerstandes gegen den Nationalsozialismus sind dabei grundlegende soziologische und geschichtsphilosophische Annahmen des orthodoxen Marxismus ebenso von Bedeutung wie die sich rasch wandelnden politischen Konstellationen und Machtverhältnisse sowohl vor 1933 als auch während des Kalten Krieges. Letztlich hat der einerseits komplexe, anderseits zunehmend statische Charakter des DDR-Antifaschismus dazu beigetragen, dass seine gesellschaftliche Breitenwirkung bereits zu Lebzeiten der DDR abnahm und dass er nach 1989/90 rasch in der Bedeutungslosigkeit versank.

Christoph Classen ist Historiker und forscht in der Abteilung »Zeitgeschichte der Medien- und Informationsgesellschaft« am Leibniz-Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam (ZZF).