Frauen der Novemberrevolution - Kontinuitäten des Vergessens
Dania AlastiFrauen protestierten vor hundert Jahren in Massen gegen den Ersten Weltkrieg und das deutsche Kaiserreich. Ihre Streiks, Demonstrationen und Ausschreitungen gehörten zur ersten Welle der Novemberrevolution. Doch während der Formung und Kämpfe um die Richtung der Revolution tauchten Frauen als Massenerscheinung nicht mehr auf.
Das Buch ist eine Suche nach den Spuren, die von den revoltierenden Frauen geblieben sind. In ihren Protesten zeigten sich Konflikte, die in der spezifischen Rolle von Frauen als Versorgerinnen angelegt sind. Ein Unverständnis gegenüber den Konflikten erschwerte die Bildung politischer Organe, in denen diese Frauen ihre Wünsche in Programmen hätten artikulieren können. Stattdessen wurden sie von Zeitgenossen verdrängt und von der Geschichtsschreibung vergessen.
In Erinnerung geblieben ist die unverwechselbare Stimme Rosa Luxemburgs, die den Ersten Weltkrieg nicht nur vehement abgelehnt hatte, sondern ihn als Eskalation der Krise des Kapitals auch vorausgesehen hatte. Bereits die koloniale Gewalt in den afrikanischen Ländern sah sie in einem Zusammenhang zu der Krise der Akkumulation in den europäischen Ländern. Dabei argumentierte sie, dass die kapitalistische Produktionsweise neben der Mehrwertproduktion auf ein vermeintliches Außen angewiesen ist, dem Ressourcen und Arbeitskräfte genommen und Waren verkauft werden können.
Mit den Arbeiterinnen in Deutschland hatte Luxemburg wenig zu tun. Sehr viel später wurde ihre Theorie der fortwährenden Akkumulation aufgegriffen, um die Rolle der Versorgungsarbeit in kapitalistischen Gesellschaften zu analysieren. Diese Analyse sagt nicht nur etwas über die Proteste der Frauen während des Ersten Weltkrieges, sondern erklärt auch Kontinuitäten, Wiederholungen und Brüche bis in die heutige Zeit.
Dania Alasti: Doktorandin an der FU Berlin zum Thema »Gewalt und Friedens, Autorin von »Der Wille zum Nein. Wie die deutsche Rechtsprechung Betroffenen sexueller Gewalt den selbstbestimmten Subjektstatus verweigert hat« in »Wege zum Nein. Beiträge für eine radikale Debatte nach der Sexualstrafrechtsreform in Deutschland 2016«.