Akkumulation und Klimafrage

Thesen von Jonas Fischer am Freitag, 09.08.2019, 16.00 Uhr

»Die kapitalistische Produktion ist von Anbeginn in ihren Bewegungsformen und -gesetzen auf die gesamte Erde als Schatzkammer der Produktivkräfte berechnet. In seinem Drange nach Aneignung der Produktivkräfte zu Zwecken der Ausbeutung durchstöbert das Kapital die ganze Welt, verschafft sich Produktionsmittel aus allen Winkeln der Erde, errafft oder erwirbt sie von allen Kulturstufen und Gesellschaftsformen.« – Rosa Luxemburg, Die Akkumulation des Kapitals, S. 307

Rosa Luxemburgs Akkumulationstheorie ist nicht nur eine historisch bedeutende Analyse und Kritik des Imperialismus des späten 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts, sie kann uns heute zudem als Lehrstück des historisch-materialistischen Denkens dienen. Auch wenn die Richtigkeit der sachlich-ökonomischen Argumentation Luxemburgs in marxistischen Kreisen bis heute umstritten ist und – wenn auch nicht rege, so doch ohne absehbares Ende – diskutiert wird, liegt ihr Einwand gegen die Marxschen Reproduktionsschemata, der ihr die geballte Wut der marxistischen Dogmatiker bescherte, selbst in der Tradition und Idee des Marxschen Denkens.

Statt marxologische Kopfrechenaufgaben durchzukauen, soll sich der Vortrag auf die methodische Ebene und die politisch-praktischen Implikationen in Luxemburgs Akkumulationstheorie fokussieren, um deren Anwendbarkeit auf die Klimafrage und die heutige ökologische Bewegung zu untersuchen. Denn ähnlich wie Luxemburg die räumliche Grenze kolonialer Eroberungen als Wachstumsgrenze des Kapitalismus thematisierte, erscheint heute die Natur selbst als Grenze im doppelten Sinne: Zum einen sind die Rohstoffressourcen endlich, zum Anderen könnten die unintendierten Folgen des kapitalistisch organisierten Stoffwechselprozesses mit der Natur einen (nahezu) unbewohnbaren Planeten zurücklassen. Mit Luxemburgs Überlegungen soll gezeigt werden, dass die umweltzerstörerische Akkumulation einiger Unternehmen nicht vom kapitalistischen Gesamtzusammenhang der Kapitalreproduktion isoliert werden kann. Eine ökologische Strategie müsste aber genau diesen Gesamtzusammenhang zu ihrem Gegenstand machen, um auf eine Weltgesellschaft hinzuwirken, in der das Verhältnis der Menschen zur Natur erst einer vernünftigen Planung unterstehen könnte.

»Jahrhundertwende«

Essayfilm und Diskussion mit Regisseur Moritz Liewerscheidt am Dienstag, 06.08.2019, 22.00 Uhr

Die Nazis, das sind die Anderen. Nach Jahrzehnten medialer Omnipräsenz der Bilder vom Neonazi als ostdeutschem Verlierertyp mit Glatze und Bomberjacke sticht eine frappierende argumentative Hilflosigkeit gegenüber den rhetorischen Figuren einer aufstrebenden »Neuen Rechten« ins Auge. Worin aber bestand oder besteht noch gleich – jenseits von Klischees und Äußerlichkeiten – jenes »rechte Gedankengut«, dem – wohl in Konsequenz jener Hilflosigkeit – »keine Plattform« geboten werden darf?

»Jahrhundertwende« ist eine filmische Reflexion zum Verhältnis von Aufklärung und Romantik, Spätkapitalismus und (Neo-)Nazismus. In der Konfrontation von Gegenwartsbildern mit historischen Texten des fortschrittsoptimistischen Marxismus des 19. Jahrhunderts und der völkisch-antisemitisch grundierten Fortschrittskritik des frühen 20. Jahrhunderts möchte der Essayfilm noch einmal die Dialektik einer Aufklärung nachvollziehen, die unvollendetes Projekt blieb. Die offene Form des Films, der die Erwartung eines »allwissenden Erzählers« als vermittelnder Instanz gezielt unterläuft, erlaubt unterschiedliche Zugänge und fordert ein kritisches Publikum, das bereit ist, »sich seines eigenen Verstandes ohne Leitung eines anderen zu bedienen«.

Im Anschluss an die Filmvorführung bietet eine Publikumsdiskussion mit dem Regisseur die Möglichkeit, die Auseinandersetzung mit den vom Film aufgeworfenen Fragen zu vertiefen.
Infos: www.moritzliewerscheidt.de

Krisendynamiken, Landnahmen, Externalisierungen – und mögliche Gegenstrategien

Zur Aktualität von Rosa Luxemburgs Analyseperspektiven und ihren verdeckten Spuren in den Sozialwissenschaften

Vortrag von Tino Heim am Mittwoch, 07.08.2019, 11.00 Uhr

Gedenkadressen zum 100. Todestag würdigen Rosa Luxemburg einmal mehr v.a. als politische Aktivistin und Strategien. Gedacht wird der Kämpferin, der brillanten Agitatorin und Publizistin oder der scharfen Kritikerin – sowohl der Sozialdemokratie als auch des Leninismus. Insofern sie fatalen Weichenstellungen im sozialdemokratischen Rückzug auf systemstabilisierende Reformpolitik wie in den revolutionären Strategien der Bolschewiki früh erkannte, gilt sie immerhin auch als Vordenkerin eines antiautoritären und basisdemokratischen Sozialismus. Hier oder in ihrem konsequenten Internationalismus und der kompromisslosen Haltung gegen den Nationalismus innerhalb proletarischer Bewegungen, bleibt Luxemburg auch als Theoretikerin und Analytikerin in Erinnerung – freilich oft erneut in Verkürzung auf dezidiert politische Überlegungen.

Oft übergangen wird dabei, dass Luxemburg auch eigenständige und substantielle Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte oder zur kapitalistischen Krisentheorie hinterlassen hat, die – trotz mancher strittiger ‚zusammenbruchstheoretischer‘ Engführungen – heute erneut überaus aktuell erscheinen. Die eng mit der Krisentheorie verbundene Imperialismustheorie nimmt zugleich wichtige Themen und Theorietrends vorweg, die in den Sozialwissenschaften erst in den letzten 50 Jahren für Furore sorgten. Neo- und Postmarxistische Theorieströmungen – etwa Weltsystemanalyse und Dependenztheorie – oder auch die Postkolonial-Studies und jüngste soziologischen Zeitdiagnosen zur kapitalistischen ‚Landnahme‘ (K. Dörre) oder zur ‚Externalisierungsgesellschaft‘ (S. Lessenich), sind dabei oft direkt oder indirekt von Luxemburgschen Überlegungen beeinflusst und geprägt.

Der Vortrag stellt ausgehend von einem Input zur historischen und theoriesystematischen Einordnung einige Textauszüge und Zitate von Luxemburg zur Diskussion, um die Aktualität der Analytikerin und Theoretikerin sowie ihren verschütteten und verdeckten Einflüssen in Sozialwissenschaften gemeinsam zu sondieren.

Collagen zum kommunistischen Begehren

Performance am Donnerstag, 08.08.2019, 22.00 Uhr

Ein Abend zum Unterhalten, für den Text-, Video- und Musikschnipsel zu einer Collage zusammengefügt werden.

Vier Bilder lassen wir hier sprechen durch Performen, Lesen und Singen(lassen): Nur um der Hoffnungslosen willen ist uns die Hoffnung gegeben; Hoffnung entsteht durch Revolte; Absurd ist, was ist, und nicht zu glauben, dass es anders sein könnte und schließlich: wo ist die Utopie?

Gastgeber*innen dieser außergewöhnlichen Collage sind Janis Walter, Katharina Vitt und Fabian Blunck.

Das Maschinensystem des 21. Jahrhunderts

Vortrag mit Felix Gnisa am Samstag, 10.08.2018, 14.00 Uhr

Können Technologien dabei helfen, den Kapitalismus zu überwinden? Marx hatte darauf große Hoffnungen. Auf der anderen Seite betont er auch die Prägung von Technologien durch den Kapitalismus. Mit dem Begriff der reellen Subsumtion zeichnet er eine pessimistische Diagnose: Der Kapitalismus entwickelt sehr produktive Maschinen – die Arbeiterin wird in der industriellen Produktion aber zu ihrem Anhängsel gemacht, weil sie dem Takt mechanisierter Werkzeuge folgen muss. Das bedeutet Schwierigkeiten für gesellschaftliche Transformation, weil Arbeiterinnen nicht mehr in der Lage sind, Arbeitsprozesse selbst zu kontrollieren.

Neuere marxistische Strömungen wie der Postoperaismus renovieren hingegen den Marx’schen Produktivkraftoptimismus. Sie gehen davon aus, dass Arbeit heute vor allem immateriell ist, wie sie Informationen und Wissen produziert und digitale Technologien keine Herrschaft über diese Art der Arbeit mehr ausüben. Arbeit sei nur noch formell subsumiert, also frei von der Prägung durch kapitalistische Strukturprinzipien.

Anhand digitaler Plattformtechnologien wie Uber, Amazon Mechanical Turk und Facebook soll diese Diagnose diskutiert werden. An den Technologien lässt sich verdeutlichen, dass Produktivität heute tatsächlich wesentlich immateriell ist. Diese Art immaterieller Produktivität mündet aber auch in einer neuen Form technologischer Herrschaft: Der Subsumtion von Kommunikation, in der nicht mehr Werkzeugmaschinen, sondern Informationskreisläufe Kontrolle über Arbeit ausüben. Deswegen ist der Umbau digitaler Technologien nötig, wenn sie Mittel gesellschaftlicher Veränderungen sein sollen. Die Schwierigkeit, die die Marx’schen Ausführungen zum Maschinensystem offenlegen, besteht in der Frage, ob so ein Umbau möglich ist, ohne dass die Effizienz jener Technologien verschenkt wird.

Felix Gnisa aus Leipzig ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Arbeitsbereich Industriesoziologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena.

Einführung in Leben und Werk Rosa Luxemburgs

Workshop mit Miriam Pieschke am Dienstag, 06.08.2019, 11.00 Uhr

Rosa Luxemburg gilt vielen linken Menschen als nicht-diskreditierte Ikone der linken Geschichte und Bewegung. Sie steht für einen demokratischen Sozialismus, für ein Verhältnis von „Masse und Führung“ auf Augenhöhe, für eine Vision einer befreiten Gesellschaft. Doch auch wenn heutzutage die meisten wissen, wer Luxemburg war, kennen sie doch oft höchstens Stichworte dazu, welche Standpunkte sie theoretisch und praktisch vertrat. In diesem Workshop soll daher Gelegenheit sein, sich einen ersten Überblick über Luxemburgs Leben und Werk eingebettet in die historischen Ereignisse ihrer Zeit zu verschaffen. Zudem wollen wir an einem Beispieltext kennenlernen, wie Luxemburg argumentierte.

Miriam Pieschke ist Politikwissenschaftlerin und Erwachsenenbildnerin. Sie hat vor ca. 10 Jahren angefangen, sich intensiver mit Rosa Luxemburg zu beschäftigen und gibt seit dem auch immer wieder Seminar zu deren Werk. Aktuell arbeitet sie an der Hochschule Magdeburg-Stendal in einem subjektwissenschaftlichen Forschungsprojekt.

Zum Verhältnis Luxemburgs zu Marx

Vortrag mit Judith Dellheim am Freitag, 09.08.2019, 11.00 Uhr

In meinem Vortrag interessiert, wie Luxemburg Marx las und warum z. B. Georg Lukasz 1923 meinte, dass Luxemburg am meisten im Marxschen „Sinne“ sozialistische Politik weitergedacht, sie „seinem Geiste gemäß“ weiterentwickelt (Lukasz, 1923, 43) habe. Zugleich interessiert, was heute aus Luxemburgs Marx-Lektüre gelernt werden kann bzw. sollte. Um auch Lernprozesse bei Luxemburg zu reflektieren, werden nach einer kurzen Vorstellung ihrer Grundidee drei zeitlich gegliederte Absätze angefügt. Sie illustrieren auch die enorme Vielfalt von Themen, zu denen sich Luxemburg, auf Marx gestützt, geäußert hat und münden in ein kurzes Fazit.

Luxemburg war ständig „dreifach“ bei Marx: nicht „nur“ durch ihre wissenschaftliche Marx-Lektüre, wo sie unentwegt fünf Fragen stellte und zu beantworten suchte: Wann hat Marx was warum gesagt? Inwiefern hat das die konkret-historischen Probleme und Entwicklungen erklärt und wie verliefen diese warum mit welchen Folgen? Hat Marx sich selbst kritisiert – und wenn ja, warum? Wie hat er gearbeitet, so dass in ihm, „der scharfe historische Analytiker und der kühne Revolutionär, der Mann des Gedankens und der Tat, unzertrennlich miteinander verbunden waren, einander unterstützten und ergänzten“ (L. 1915/2000, 31)? Aber Luxemburg, die beiden MEGA-Kollektiven bewundernswert vorausgeeilt war, war nicht „nur“ oder vor allem „Marx-Forscherin“. Sie war auch in der politischen Bildung der Genossinnen und Genossen ständig bei Marx und hat eine sechste Frage gestellt und diskutiert: Was von seinen Arbeiten ist wie für die Theorie und praktische Politik verallgemeinerbar? Und erst recht war die Politikerin Luxemburg ständig bei Marx in ihrer Arbeit an der Strategie und Programmatik sozialistischer Politik wie im politischen Alltag. Hier war sie immer mit der Frage befasst, was sofort, kurz-, mittel- und langfristig getan werden kann und muss, um unter den konkreten gesellschaftspolitischen Bedingungen wie Marx zu handeln – das Maximale zu tun, um die historische Möglichkeit einer sozialistischen Gesellschaft als realisierbare zu erhalten und ihr näher zu kommen, und das auch tun! Ausgehend von den zu ihrer Zeit aktuellen theoretischen und politischen Herausforderungen sozialistischer Politik hat sie Marxsches Heran- und Vorgehen fortgesetzt: Sie hat ein humanistisches Menschenbild, ein darauf basierendes Politikverständnis, ein kritisches Forschen, eine auf selbstbestimmtes Denken und solidarisches Handeln zielende politische Bildung, eine selbstkritische Reflektion und einen Neues ermöglichenden Politikstil als zusammengehörig gelebt. Am 15. Januar 1919 brach mit dem Mord an Luxemburg und dem eingeleiteten Terror eine Art und Weise, mit Marx umzugehen und Politik zu betreiben, ab. Die Tatsache, dass dieser „Ariadnefaden“ noch immer nicht wieder aufgenommen ist und dass das nicht einmal intensiv diskutiert wird, erklärt entscheidend unsere politische Defensive. Nehmen wir also endlich diesen Faden kritisch und vor allem selbstkritisch wieder auf!

Judith Dellheim, Dr., Ökonomin, Referentin der RLS für Solidarische Ökonomie, Mitwirkung in den Gesprächskreisen Parteien und Bewegungen sowie Wirtschaftspolitik.

Die Taktik der Taktlosigkeit des Proletariats

Vor- und Nachtrag mit Luise Meier am Samstag, 10.08.2019, 18.30 Uhr

Die Taktik der Taktlosigkeit des Proletariats: Wie läßt sich die Gegenwart mit den Werkzeugen Rosa Luxemburg kontaminieren, stören,
anpacken und umwenden? Was bedeutet es sich nicht als Individuum zu
optimieren, sondern in den kollektiven Lernprozess – auch mit den
Halbverwesten – einzutreten? Wie aktivieren wir die ansteckenden Kräfte,
die von der Wasserleiche im Landwehrkanal ausgehen? Ein Vor – und
Nachtrag mit Luise Meier (MRX Maschine).

Über Luise Meier: http://www.luisemeier.com/

Zu Rosa Luxemburgs Kritik der „nationalen Befreiung“

Vortrag von Olaf Kistenmacher am Donnerstag, 08.08.2019, 11.00 Uhr

Gegen den Imperialismus war die organisierte Arbeiterbewegung schon immer. Aber erst im Anschluss an Wladimir I. Lenins „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ und seine Thesen zur „nationalen und kolonialen Frage“ entwickelte die Kommunistische Internationale in den 1920er Jahren eine antiimperialistische Position und setzte global auf „nationale Befreiungsbewegungen“. Rosa Luxemburg hatte vor dem Ersten Weltkrieg nicht nur eine andere marxistische Erklärung des Imperialismus als Lenin formuliert. Sie hatte auch früh die Vorstellung kritisiert, dass die politische Linke sich für die „nationale Befreiung“ oder das „Selbstbestimmungsrecht der Nationen“ einsetzen sollte. Dabei blieb sie. In ihrer Auseinandersetzung mit der russischen Revolution schrieb sie 1918, dass „die Phrase von der Selbstbestimmung und die ganze nationale Bewegung, die gegenwärtig die größte Gefahr für den internationalen Sozialismus bildet“, durch die Bolschewiki „eine außerordentliche Stärkung erfahren“ habe.

Olaf Kistenmacher, Hamburg, ist Historiker und Journalist. In seiner Dissertation beschäftigte er sich mit antisemitischen Aussagen in der Tageszeitung der KPD während der Weimarer Republik. Veröffentlichung zum Thema: „Selbstbestimmung als Phrase. Rosa Luxemburg als antinationale Marxistin“, in: Jungle World 1, 3. Januar 2014

Link: https://jungle.world/artikel/2014/01/selbstbestimmung-als-phrase

Rosa Luxemburgs Krisen- und Zusammenbruchstheorie

Vortrag und Diskussion mit Markus Winterfeld am Freitag, 09.08.2019, 14.00 Uhr

Rosa Luxemburgs Krisen- und Zusammenbruchstheorie war sowohl theoretische wie politische Intervention. Die Theoretiker der Sozialdemokratie hatten die von Marx im Kapital Band II aufgestellten Reproduktionsschemata als Beweis genommen, dass die kapitalistische Gesellschaft nie mehr produzieren könne als sie zu konsumieren in der Lage ist. Eine allgemeine Überproduktion wäre daher unmöglich, Krisen entstünden nur aufgrund mangelnder gesellschaftlicher Planung, würden aber mit zunehmender Zentralisierung des Kapitals verschwinden. Produziert der Kapitalismus aber nicht in steigendem Maße Krisen und Verelendung, so entfällt jeder Zwang, ihn abzuschaffen. Es ist daher keinesfalls zufällig, dass alle Versuche, sich im Kapitalismus einzurichten, zuallererst die marxistische Krisentheorie beseitigen müssen, wie Rosa Luxemburg in ihrem ökonomischen Hauptwerk, „Die Akkumulation des Kapitals“, 1913 schrieb:

„Es ist klar, daß, wenn man die schrankenlose Akkumulation des Kapitals annimmt, man auch die schrankenlose Lebensfähigkeit des Kapitals bewiesen hat. … Ist die kapitalistische Produktionsweise imstande, schrankenlos die Steigerung der Produktivkräfte, den ökonomischen Fortschritt zu sichern, dann ist sie unüberwindlich. Der wichtigste objektive Pfeiler der wissenschaftlichen sozialistischen Theorie bricht dann zusammen, die politische Aktion des Sozialismus, der Ideengehalt des proletarischen Klassenkampfes hört auf, ein Reflex ökonomischer Vorgänge, der Sozialismus hört auf, eine historische Notwendigkeit zu sein.“

Der Vortrag stellt Rosa Luxemburgs Krisen- und Zusammenbruchstheorie dar und geht auf die Gegenargumente späterer Marxisten, insbesondere Henryk Grossmanns, ein. Der Vortrag zeigt, dass zwar Rosa Luxemburgs Lösungsversuch der Krisenfrage widerlegt wurde, nichtsdestotrotz ihre Einwände gegen die frühen ökonomischen Darstellungen des Krisenproblems auch auf ihre späteren marxistischen Kritiker zutreffen. Rosa Luxemburgs theoretische Leistung ist daher mitnichten überholt. Der Vortrag schließt mit einigen Thesen, wie im Anschluss an Rosa Luxemburg von der Krisen- auf die Werttheorie zurückgegangen werden muss, um eine theoretische Erklärung der kapitalistischen Krisen zu geben.