Freitag, 05.08, 11.00
Im Workshop wollen wir uns auf eine genealogische Spurensuche zu den Anfängen der sogenannten Neuen Rechten begeben und gemeinsam überlegen, was davon noch aktuell sein könnte.
So absurd es auf den ersten Blick erscheinen mag, kann Antonio Gramsci als ein spiritus rector der Nouvelle Droite verstanden werden. Der als »Gramscianismus von rechts« bezeichnete strategische Ansatz, sich dessen staatstheoretische Analysen zu eigen zu machen, ist im Frankreich der 1970er entstanden und scheint mittlerweile wieder en vogue. Die Grundlagentexte der Kulturrevolution von rechts von Alain de Benoist wurden kürzlich im neo-faschistischen Dresdner Jungeuropa Verlag wieder herausgegeben. Daraus werden wir seinen Selbstverständigungstext Die alte und die neue Rechte gemeinsam auf die Funktionen der Aneignung von Gramscis Revolutionstheorie hin untersuchen und mit Blick auf deren Anwendung heute diskutieren.
Obwohl es in Deutschland nach einer kurzen Blüte in den 1980ern eine lange Zeit ruhig um die neurechten Querfrontansätze blieb, wurden im Zuge der wieder erstarkenden europäischen Rechten, besonders der Identitären Bewegung, strategische Grundlagen neu überdacht und popularisiert. Eine erneute Aneignung vor allem aktueller linker Theorie nach altem französischen Vorbild, versucht allen voran Benedikt Kaiser, der als Adept Alain de Benoists in Deutschland im Umfeld Götz Kubitscheks agiert. Erst jetzt wird scheinbar nachgeholt, was de Benoist schon vor knapp 50 Jahren mit Gramscis Hegemonietheorie im Hinterkopf forderte: Man müsse sich an den revolutionären Strategien der aufstrebenden Linken von damals orientieren, um selbst wieder gesellschaftspolitisch wirkmächtig zu werden. Inwieweit dies geglückt ist und wo mögliche Grenzen einer solchen strategischen Aneignung liegen können, soll im Workshop abschließend erörtert werden.
Paul Lißner ist studierter Kulturwissenschaftler und promoviert derzeit in Bereich Politischer Theorie an der Universität Leipzig.