FILM: „Who killed Walter Benjamin“

David Mauas, 2005

Montag, 25.08. 21:00 Uhr

Portbou, 25. September 1940. In einem verzweifelten Versuch dem Naziregime zu entkommen, überquert Walter Benjamin nach sieben Jahren im Exil die Pyrenäen.

Laut offizieller Darstellung überquert Walter Benjamin die spanisch-französische Grenze und erreicht den katalanischen Grenzort Portbou. Eine geänderte Gesetzgebung verbietet ihm jedoch die Weiterreise durch Spanien. Benjamin sieht sich gezwungen, in einer örtlichen Pension zu übernachten – unter der strengen Bewachung dreier Polizisten, die den Befehl erhalten haben, ihn am nächsten Morgen wieder nach Frankreich zu deportieren.
In völliger Verzweiflung nimmt Benjamin eine Überdosis Morphium, die 24 Stunden später zu seinem Tod führt. Während seine Freunde von einem Selbstmord ausgehen, attestiert der örtliche Arzt eine natürliche Todesursache.
Benjamin wird schließlich nach katholischem Ritus und unter falschem Namen in Portbou beerdigt.

Hat der Arzt bewusst die wahre Todesursache verheimlicht? Hat es wirklich eine Änderung in der Gesetzgebung gegeben? War den spanischen Behörden die Identität des „fremden Reisenden“ bekannt? Wusste Benjamin, dass Portbou unter dem Einfluss von Frankisten stand, die auch mit Offizieren der Gestapo kollaborierten?

„Die entscheidende Frage, die der Film des Regisseurs David Mauas aufwirft, `Wer hat Walter Benjamin getötet?‘, ist am Ende keineswegs beantwortet. Eigentlich müsste man sagen, dass sie offener denn je ist, und irgendwie ist das sogar das spannendere Ergebnis, wo sich alle Welt auf die Variante geeinigt hat, Walter Benjamin habe Selbstmord begangen. Für den Argentinier David Mauas, der in Jerusalem Fotografie und Video-Kunst studiert hat und der seit acht Jahren in Barcelona lebt, war es zunächst nur die räumliche Nähe zum Grenzort Port Bou, wo sich der Tod des Denkers ereignete, die ihn an diesem Stoff faszinierte.

`Was mich dann als erstes interessiert hat, war das Potential dieser Geschichte für einen kriminalistischen Film über Benjamin. Er selbst war ein begeisterter Leser von Kriminalliteratur, das wird oft vergessen. Und Benjamin war Erzähler, Reisender, Beobachter. Und ich sagte mir, sollte ich nicht nach Port Bou gehen und in diesem Sinn einen Film machen? Nicht mit den Augen Benjamins – das hätte ich anmaßend gefunden –, sondern mit meinen Augen. Aber sehr wohl mit den Gedanken bei den Texten Benjamins, die ich gelesen habe.‘

[…] Diese filmische Recherche kreist um die Frage, ob man wusste, wer dieser Flüchtling war und ob hinter seinem Tod nicht das Zusammenspiel von Gestapo und Franco-Behörden gestanden haben könnte. Eine wirkliche Antwort wird es wohl nie geben, allein deshalb, weil alle direkt Beteiligten tot sind. Und doch ist dieser Film ein Ereignis, denn er beleuchtet, wie der rätselhafte Tod eines deutschen Denkers einen kleinen Ort in den katalanischen Pyrenäen zum Kreuzungspunkt europäischer Geschichte machte.“ (Gregor Ziolkowski, Deutschlandfunk, 2005)

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